1821 - ?
Nachdem, aus Nacht, die Kindheit
kaum die Schwingen
Aus Traumesdunkel hob, kam
voll’res Werden
Und wechselnd Bild, denn
Andrer – bald Beschwerden –
Bald Lust, vermochten auf uns
einzudringen. –
Und, wo Begabte nahten, - sie
empfingen
Von uns Verwandtes, wurden die
Gefährten
Von Glück und Weh, die ihr
Empfinden mehrten,
So, dass sie bald ihr tiefstes
Sein umfingen –
Verkettung gleich – in Trost
und in Gefahr –
Ein Leben – das stets teilend
und empfangend –
Das bald genügsam, bald ach,
tief verlangend;
Doch, herrlich ward’s erst,
als uns wurde klar, -
Dass sich ein Dritter bei uns
wollte finden:
Der Christus, der hilft Alles
überwinden
1821 - ?
III.
So ist nun freud’ger sill mein
Künstlerleben,
Seit Lieb’ ein Heimathszelt
ihm aufgeschlagen
In das nicht störend Wesen
sich darf wagen
Wie vielfach ich’s zuvor doch
musst’ erleben;
Andächtig fühl’ ich Herz und
Hand sich heben
Unschuldig fromm, wieeinst in
Kindheitstagen,
Und klarer lösen sich die
Prüfungsfragen,
Die Idealempfindungen beleben.
Neu fühl ich starkes
friedenreiches Drängen,
Das schaffend strebet nach
harmon’schen Zielen
In malerischen Form- und
Tongesängen.
Vollendung suchend Einklang in
dem Vielen,
So dass in Alterstagen treu
mag walten
Noch froh bewusst ein
künstlerisch Entfalten.
1821 - ?
Nun fühl’ ich wachsen noch die
heil’ge Kraft
Durch jenen Gott im Innern mir
bereitet,
Der alle unsres Weltalls
Kräfte leitet,
Umbildend Alles, ewig neues
schafft. –
Noch ist des Pfeiles Bogen
nicht erschlafft.
Der zu dem Ziele fährt, und
neu so streitet
Für das, was Fried’ und
Harmonie bedeutet,
Mein Thun zu neuem Muth stets
aufgerafft. –
Denn Hoffnung sagt uns,
Schaffensfreude lohnet
Dem, der da weiss, dass ihm im
Herzen wohnet
Der Weltenseele Kraft und ihre
Hulden.
Und auf des Glaubens Altar
steht geschrieben
Das „Ora et labora“ und –
„Gott lieben“ –
Das keinen Abgott neben sich
kann dulden
1821 - ?
Der meinen Zeichen-Schülern
gegebenen dankenden Antwort zugefügt,
als sie mir im März 1890, bei
meinem Abschied aus dem Museum,
ein kunstprächtiges Album mit
ihren Bildnissen und edlen Sinnsprüchen
überreichten.
Anknüpfend an des Pythagoras
Satz: „Das ist die rechte Gabe, die dadurch,
dass wir sie anderen mittheilen, füruns selbst um so größer wird.“
Dem Lehrer wollt Ihr Euren
Dank verkünden,
Ihm nichtnur zeigen liebendes
Verehren –
Dem Unverstande andrer wollt
ihr wehren,
Und offen dies, durch Wort und
Tat begründen.
Denn stets vereint muss sich
das Streben finden
Das Ideal zu suchen und zu
lehren; -
Gemweinsam war so glücklich
das Verkehren
Uns selbstsuchtlos dem Schönen
zu verbinden.
Und so ward reicher ich durch
Eure Fragen
An Hoffnung, zu gelangen zu
dem Reinen
Der Kunst, das Hochbegnadigste
erfüllet –
Denn lehend will’s erst recht
dem Lehrer tagen
Und goldne Brücken zu dem
Lichte erscheinen
Die Andern, fern der Kunst,
sind trüb umhüllet. -
1821 - ?
Hofrath Direktor Aldenhoven
nach seinem ersten Vortrage
über ägyptische Malereien. 10.
April 1890
Die Fahne hoch, auf der das
Wort geschrieben
Von Schönheit hoher Kunst und
dem Entfalten
Das sie uns bringt, wenn’s
wahr in uns mag walten,
Wie musste ich’s im
Jugendtraum schon lieben! –
Und doch, - wieist Vollendung
fern geblieben
Auch andern dies zu künden, -
die Gewalten
Des Alltagslebens liessen
nicht gestalten
Das Zauberwort und in mir ward
Betrüben. –
Dazu entspross des freud’gen
Wirkens Drängen
Und gab dem Maler in mir
mächt’ges Sehnen
Zu selbstgeschaffnen Form- und
Farbenklängen;
Du, Freund, bringst in den
Zwiespalt mir Versöhnen,
Du kommst, beherrschend was
durch’s Wort erwacht –
Und dankesglücksvoll preis’
ich deine Macht. -
1821 - ? zuerst des Mich. Ang. Bounarotti Moses sah.
„Perche non parli!“ sprach
einst aus der Fülle
Der innersten Begeisterung und
Kraft
Der große Angelo – Des Steines
Haft
Sollt’ er durchbrechen, war
des Künstlers Wille.
So nicht geschah’s, doch jene
mächt’ge Stille,
In der er ruht – auch sie noch
Thaten schafft,
Sie spricht noch stets, - dess
Seele nicht erschlafft,
Berührt elektrisch sie, dass That
entquille. –
Schau! im geheimen pilgern oft
die Söhne
Judäas hin, - sein
Herrscherblick sie hebt
Und beuget sie in seinem
heil’gen Grimme.
Ja! fühlt nicht Jeder in der
mächt’gen Schöne,
Die aus ihm strahlt, dass ihn
ein Ernst durchbebt,
Gewaltig, des Gesetzes heil’ge
Stimme? -
1821 - ? an die Universität Giessen
berufen wurde.
Welch’ Heil ist es, welch’
ernstes Hochentzücken:
Geschichte kennen – geist’ger
Welt Bewegen! –
Einblick erlangen richtig zu
erwägen
Wohin uns führen
wahrheitslichte Brücken.
Wie, sie gerecht zu wandern
muss beglücken.
Entfaltung bringen denen, die
da hegen
Ihr Bild im Herzen, treu stets
prüfend pflegen
Und männlich wahren es vor Lug
und Tücken. –
Wie schön solch’ ein Beruf:
und schöner noch
Wenn das, was man als Wahrheit
muss verkünden,
Verklärt wird durch der
Schönheit hehres Walten;
Erhöhte Kraft wird dann sich
im verbinden,
Froh zeigend der Geschichte
Huldgestalten
Die überwanden dunkles Lügenjoch.
-
1821 - ?
An Wundersagen glaubst Du?
glaube nicht,
wenn sie den heil’gen Kräften
widerstreben,
Die Gott uns im Naturgesetz
gegeben.
Das zu verehren uns ist
heil’ge Pflicht.
Denn Allnatur, sie ist das
Angesicht
Der Gottheit, - unergründbar
Leben,
Es kommt von ihr zu uns als
stetes Geben
Des Nöth’gen, dass an Nichts
es uns gebricht.
Lass Dich’s nicht irren, wenn
im Kunstgebilde
Und Dichterwort geformt in
heil’gem Sinne
Du siehst, was dem Naturgesetz
entgegen. –
Das soll zum Denken Dich
bewegen,
Es sind Symbole, - geistige
Gefilde –
Zu deuten suche sie, - Dir zum
Gewinne. -
1821 - ?
Meine Mutter, die in ihren
Alterstagen (von 1853 – 1859)
Wohnung und Atelier mit mir theilte,
war, wachend so auch schlafend,
ein Bild des Friedens, das
mich an Shakespeare’s
Wort erinnert:
„Wie die Geduld am Grabe dem
Grame lächelnd.“ -
So sass gar oft in stiller
Kammer-Ecke
Mein gutes altes frommes
Mütterlein,
Sie, die genannt mit Recht
ward: „Seele rein“ –
So, träumte sie! O dass sie
Niemand wecke,
Dacht’ stille ich, - dann
schien die Kammerdecke
Als wär’ sie offen. – oben
Engelein;
Sie winkten ihr, dass sie nicht
sei allein’, -
Welch Glück, wenn ich solch’
Heil für mich entdecke?
„Mir ist’s, als wär’ ich schon
im Himmel oben“, -
So sagte oft sie mir, wenn ich
sie frug,
Was ich zur Unterhaltung
könnte thun. –
Und Du – willst Du solch Beten
nicht auch loben,
Das so zum Himmel ihren Geist
schon trug?
war’s Müssiggang? Nein! Gnade
lässt so ruh’n!
1821 - ? mir huldvoll den Professortitel
verliehen
Siehe Shakespeare’s Cymbeline (5. Aufzug, 4. Scene)
„Den hemm’ ich, den ich lieb’,
es wird sein Lohn
Verspätet süsser nur. Traut
meiner Macht;
Mein Arm hebt auf den
tiefgefallnen Sohn,
Sein Glück erblüht, die
Prüfung ist vollbracht.“
Der Gottesspruch, nach manchem
Spott und Hohn
Der mich betroffen, in des
Leidens Nacht
Nun Licht erblüh’n lässt, dass
in frend’gem Ton
Zum Herzenssang mein altes
Lied erwacht:
Die Gottheit preis’ ich, die
mit lautrem Glanze
Mein Dasein lichtet, dass ich
in dem Schönen
Darf leben, - schaffen bald,
bald nachempfinden;
Einreihend mich in edler
Männer Kranze
Gestattet, dass ich freudig
darf verkünden:
- Es giebt in Kunst und Leben
ein Versöhnen -
1821 - ?
„Wenn’s wohl dir geht, hast
Deinen Lohn Du hin“ –
Dies wort, es kam mir in der
Abschiedsstunde
Aus treuem todesmuth’gen
Muttermunde –
Und mir, dem Sohn, ging’s
nimmer aus dem Sinn. –
Denn warnung war es mir vor
dem Gewinn
Der uns wird angeboten in dem
Bunde
Und Dienst der Welt, entgegen
jener Kunde
Des Heilands, der sein Leben
gab dahin. –
Drum fördern mußt’ es, meinen
Willen stählen
Zur That der treue in dem
Reich der Gnaden,
Wo Gott nur gut und dieser
ganz allein. –
Ich weiss, zum rechten
Wohlergehn erwählen,
Wird er, erziehend mich, auf
Schmerzenspfaden,
Weil mir bewusst, ein Theil
von ihm zu sein. -